Faszination Schwarzpulver
Es gibt verschiedene Mittel und Wege, ein Projektil in Bewegung zu versetzen. Über viele Jahrtausende hinweg hat die Menschheit geschmissen, was das Zeuch hielt. Nach dem Werfen kam das Werfen lassen, d.h. durch sinnvollen Einsatz des menschlichen Gehirns kam der Mensch darauf, dass man auch mit Pfeil und Bogen das Mittagessen - oder auch den Nebenbuhler - dahinstrecken kann. Einen Quantensprung in der Waffengeschichte stellte die Erfindung des Schwarzpulvers dar, das - erfunden durch die Chinesen - auch bei uns Mitteleuropäern reichlich Verwendung gefunden hat. Über viele Jahrhunderte hinweg war das Schwarzpulver das einzige Treibladungsmittel für "Feuerwaffen". Schließlich wurde jedoch das Schwarzpulver durch die Erfindung des Nitrozellulosepulvers verdrängt. Auf dem Waffensektor findet das Schwarzpulver heutzutage hauptsächlich als Treibmittel für Vorderladerwaffen Verwendung.Für alle diejenigen, die in ihrer Jugend keine Erfahrungen mit explosiven "Pülverchen" sammeln konnten, seien nachfolgend die Bestandteile des Schwarzpulvers genannt:
Salpeter, Schwefel und Holzkohle werden in einem bestimmten Mischungsverhältnis miteinander vermengt. In der industriellen Herstellung des für´s Vorderladerschießen vorgesehene Schwarzpulvers werden diese 3 Bestandteile jedoch noch weiter verarbeitet. Dies ist auch notwendig, weil diese Teile die Eigenschaft haben, sich z.B. beim Transport voneinander zu trennen, d.h. in einem Behälter mit Schwarzpulver würde man nach gewisser Zeit drei unterschiedlicher Schichten (eben Salpeter, Schwefel und Holzkohle) wiederfinden. Schwarzpulver ist übrigens - im Gegensatz zum Nitrozellulosepulver - wasserlöslich!
Was ist nun so faszinierend am Schießen mit Schwarzpulver?
"Schwierig ist leicht was"! Will meinen, es ist nicht einfach, den Reiz des Schwarzpulvers zu erklären. Es sind auf jeden Fall mehrere Gesichtspunkte, die die Faszination ausmachen.Schwarzpulverwaffen - so wie wir sie verwenden - gibt´s schon seit einigen hundert Jahren. Die originalen Vorbilder der heutigen Nachbauten wurden z.B. von so berühmten Büchsenmacherdynastien wie "LePage" oder "Kuchenreuther" vor einigen hundert Jahren hergestellt. In der Geschichte noch weiter zurück gehen die Schützen, die z.B. mit Radschlosspistolen oder Luntenschlossgewehren schießen. Die Beschäftigung mit der Geschichte der Waffen und der Geschichte der damaligen Waffennutzer hat mich persönlich besonders interessiert. Sei es nun die Geschichte der alten Trapper im frühen Amerika oder die Geschichte des deutschen Jägerstutzens, die Fülle der Thematik ist enorm. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass wir nahezu ausnahmslos mit sog. "Replikas", d.h. originalgetreuen Nachbauten, schießen. Originale sind oftmals so teuer und zum Schießen eigentlich zu schade, sodass sie nur noch in der Vitrine enden.
Bei meinem letzten Besuch des "Rothenburger Reichsstadtmuseums (Siehe "Tipps") konnte ich die unterschiedlichsten Vorderladerwaffen bewundern ("Sammlung Baumann". Ein Besuch des Museums lohnt sich wirklich!!!). Unter den ausgestellten Exponaten sind auch einige Pistolen des ansbacherischen Büchsenmachers Hamann dabei. Ich wusste bis dahin nicht, dass es auch in meiner Heimatstadt einen Büchsenmacher der "Steinschlossära" gab. So lernt man dazu...
Die Art des Schießens, d.h. die Handhabung, das Laden und das ganze "Drumherum" unterscheidet sich gravierend von dem Schießen mit "modernen Waffen". Bis man erst mal einen Schuss geladen hat, dauert es schon eine halbe Ewigkeit. Das Laden wird zum Ritus, zum bewussten Tun. Es stellt die mentale Vorbereitung auf den Schuss selbst dar. Das Vorderladerschießen ist geruhsamer aber deswegen nicht weniger anspruchsvoll und spannend als das Schießen mit "modernen Waffen".
Faszinierend ist immer wieder die mit Vorderladerwaffen erreichbare Präzision. Selbst auf große Entfernungen können verblüffend enge Schussgruppen erzielt werden. Und das mit einer Technik, die schon unsere Ur-Ur-Ur-usw.Großväter kannten und nutzten.
Was braucht man zum Schießen mit Schwarzpulverwaffen?
Bevor man mit dem Hobby des sportlichen Vorderladerschießens beginnen kann, muss man gewisse rechtliche Hürden überwinden. So ist zum Erwerb von Schwarzpulver eine amtliche Erlaubnis erforderlich. Diese Erlaubnis bekommt man nur, wenn man gewisse Auflagen erfüllt. Diese Auflagen sind derart streng, dass Schwarzpulverschützen die "weißesten Westen" haben müssen, die man sich nur vorstellen kann. Mancher Politiker würde dieser Erlaubnis nicht erhalten! Jeder Antragsteller wird von Kopf bis Fuß vollständig "durchleuchtet" (im polizeilichen Sinne). Auch nur ein Ausrutscher im amtlichen/polizeilichen uneingeschränkten Führungszeugnis genügt und der Antrag wird abgelehnt. Es sind so strenge Auflagen zu erfüllen, dass "schwarze Schafe" unter Schwarzpulverschützen wohl kaum zu finden sind. Man darf nicht vergessen, dass Schwarzpulver kein Juckpulver ist, sondern ein SPRENGSTOFF!!!!!!! Auf die weiteren rechtlichen Gegebenheiten möchte ich an dieser Stelle jedoch nicht eingehen.Bevor der erste Schuss fällt, braucht man selbstverständlich auch die richtige Ausrüstung. Bevor man sich diese zulegt, sollte man sich jedoch einige grundlegende Gedanken machen:
Kurzwaffe (Pistole) oder Langwaffe (Gewehr)?
Hier entscheidet oftmals die schießsportliche "Vorgeschichte" des Interessenten. Ein Schütze, der bisher hauptsächlich mit Kurzwaffen geschossen hat, wird sich - sofern er die Waffe wettkampfmäßig einsetzen möchte - wahrscheinlich eine Vorderladerpistole kaufen.Perkussion oder Steinschloss?
Es sind 2 Schlosstypen verbreitet. Das unkompliziertere System (und nach meiner Meinung auf für den Anfänger am geeignetsten) ist das Perkussionssystem. Dabei wird die Treibladung über den Zündstrahl eines abgeschlagenen Zündhütchens entzündet.Angenommen, der Schütze weiß nun, dass er sich eine Perkussionspistole kaufen möchte,
welche sollte er sich kaufen?
Wie wir alle wissen, ist alles, was auf Erden Spaß macht, entweder ungesund, dickmachend, moralisch verwerflich und/oder (saumäßig) teuer. Für das Schwarzpulverschießen muss keines von dem Vorgenannten zutreffen!Man braucht zwar nicht gleich mehrere tausend DM ausgeben, aber das billigste Pistölchen macht mit Sicherheit nicht lange Spaß. Denn spätestens nach den ersten Schüssen auf die Scheibe (oder dem Blick darauf) macht sich Missmut breit. Eine billige Waffe mag zwar oberflächlich betrachtet genauso aussehen wie das um einige hundert DM teurere Pendant. Sie ist aber mit Sicherheit nicht so gut verarbeitet und mit qualitativ gleichwertigen Materialien gesegnet wie die "Mittelklassewaffe". Bei fleißigem Gebrauch wird die billige Waffe sehr schnell an Qualität verlieren.
Aus eigener Erfahrung kann ich als Einsteigerwaffe eine Pedersoli "Le Page" (als Perkussionsversion) empfehlen. Die Waffe kostet zwar knapp Tausend Märker, ist aber so gut, dass selbst der Weltmeister keine teurere Waffe braucht! Kaufen sollte man das gute Stück unbedingt beim Fachhändler, der einem neben der Waffe auch noch das erforderliche Zubehör kostengünstig verkauft.
Welches Kaliber sollte man wählen? .36 oder .44?
Die Waffe wird in beiden Kalibern hergestellt. Man kann mit beiden Kalibern in der selben Wertungsklasse starten.Kaliber | Vorteile | Nachteile |
---|---|---|
.36 | Geringer Verbrauch an Blei und Pulver; Geringer Rückstoß | Spaßfaktor |
.44 | Spaßfaktor !!! | Verbrauch an Blei und Pulver größer; Erheblicher Rückstoß und Qualm |
Die Frage nach dem größeren Geschossdurchmesser der .44 als Vorteil bei der Auswertung (weil größere Löcher auf der Scheibe) stellt sich bei Wettkämpfen des Deutschen Schützenbundes (DSB) nicht, denn es werden nur die Treffer höher gewertet, bei der der Mittelpunkt der Schussloches die Ringtrennungslinie überschritten hat. "Angekratzte" Ringe werden nicht gewertet! Bei Wettkämpfen des Bundes Deutscher Schützen (BDS) ist es jedoch so, dass selbst "angekratzte" Ringe gelten! Warum die beiden Verbände in dieser Beziehung unterschiedliche Regeln haben? Vielleicht hat der DSB ja Angst vor Großkaliberschützen ...
Pulver, Blei und Pflaster
Üblicherweise wird bei Vorderladerwaffen die Pflasterkugel verwendet, d.h. auf die eingeschüttete Pulverladung folgt ein Pflaster aus Stoff und dann die Bleikugel. Dabei umgibt das Pflaster so die Bleikugel, dass sie keinen Kontakt mit dem Laufinneren hat. Den Drall des Laufes nimmt das Pflaster auf. Diese Methode der Pflasterkugel ist "uralt" und hat sich über die Jahrhunderte hinweg bestens bewährt. In der Endphase der "Schwarzpulverära" kamen jedoch auch andere Geschosstypen auf, die ohne Pflasterung verschossen werden (Minie´, Maxiball, ...). Diese Geschosstypen sollen jedoch an dieser Stelle nicht besprochen werden.Wie viel Pulver, welche Kugel und welches Pflaster verwendet werden soll, wird vom Hersteller der Vorderladerwaffe vorgeschlagen. Von diesen Vorschlagswerten kann man in gewissem Rahmen abweichen.
Das Resultat ist eine sehr gute Präzision bei geringer Verschmauchung des Laufes. Innerhalb der Wettkampfserie von 15 Schuss ist kein Nachwischen erforderlich. Wenn ich trotzdem mal danebenschieße, liegt´s weder an der Waffe noch an der Munition, sondern an meinem Unvermögen! Übrigens macht sich die Verwendung unterschiedlicher Pulvertypen bzw. -hersteller hauptsächlich an der Verschmauchung des Laufes bemerkbar. In meiner Vorderlader-Anfangszeit hatte ich das CH2 noch nicht verwendet, sondern das Pulver eines anderen Herstellers (war ein bisschen billiger). Das Resultat war, dass ich nach jedem 5. Schuss zwischenwischen (den Lauf reinigen) musste. Nach dem Wechsel auf das CH2 ist ein Zwischenwischen nicht mehr erforderlich.
Was braucht man noch?
Neben Pulver, Blei und Pflastern braucht man noch diverse Ausrüstungsgegenstände! Ich habe versucht, diese in der nachfolgenden Tabelle zusammenzufassen:Transportbox | In die Transportbox wird alles "Geraffel" (Waffe und sonstiges Zubehör) sicher verwahrt. Bewährt haben sich Transportboxen, die z.B. Handwerker zur Aufbewahrung ihres Werkzeuges verwendet |
Pulverflasche | braucht man nicht, sollte man - falls vorhanden - zur Dekoration gleich an die Wand hängen |
Pulvermaß | zur Dosierung der richtigen Pulvermenge. Ich verwende hierzu Schöpfmaße von LEE (funktionieren auf 1/10 Grain genau!!) |
Pulverröhrchen | hier werden die abgemessenen Pulverchargen schießstandfertig aufbewahrt. Röhrchen entweder aus Glas oder antistatischem Kunststoff nehmen. |
Gummihammer | zum gefühlvollen Einschlagen des Geschosses in den Lauf. Aus dem Baumarkt. Kleinste Ausführung nehmen. Gummihammer nehmen, damit Kugel und Laufmündung nicht beschädigt wird. |
Starter | zum Setzen der Kugel auf die ersten paar Zentimeter |
Ladestock | gute Qualität (z.B. Edelstahl) nehmen. Darauf achten, dass der Stock ein genormtes Gewinde zur Aufnahme von Bürsten, Kugelziehern usw. hat |
Reinigungsadapter | wird auf den Ladestock geschraubt. Mit dem Reinigungsaufsatz bzw. den Reinigungstüchern wird das Laufinnere gereinigt. |
Kugelzieher | wird auf den Ladestock geschraubt. Wenn man mal das Einfüllen des Pulvers vergessen und stattdessen gleich die Kugel gesetzt hat (soll vorkommen), dient der Kugelzieher zum ... (wie der Name schon sagt). Sieht aus wie ein Korkenzieher. |
Reinigungsutensilien | z.B. Laufreiniger (Hoppes Nr. 9+), Reinigungstücher, ... |
Pistonschlüssel | zum rein- und rausschrauben des Pistons |
Spektiv und Stativ | zur Scheibenbeobachtung ("wie viele Fahrkarten sind´s denn heute???") |
Humor und Gelassenheit | Braucht man vor allem, wenn man mal wieder die Kugel gesetzt hat, ohne vorher das Pulver eingefüllt zu haben ... |
Die Liste könnte man fast beliebig fortsetzen (die Zubehörindustrie will ja auch was verdienen).
Peter K.